Chronik
Die Gründungsjahre
Die Geschichte des Musikverein Ergenzingen beginnt im Jahre 1857. Aus diesem Jahr stammen die ersten Belege über eine Blaskapelle in Ergenzingen. Der damalige Ortspfarrer Eduard Fähndrich gründete nämlich in diesem Jahr einen Musik- und Gesangschor, den er auch selbst leitete. Die beiden Abteilungen trennten sich bereits im Jahre 1859 wieder, blieben jedoch weiterhin unter der Leitung des musikalischen Pfarrherren. „Auf vielseitigen Wunsch der Bevölkerung“, wie es in der Ergenzinger Pfarrchronik heißt, gründete Pfarrer Fähndrich im Jahre 1861 eine selbstständige, zehn Mann starke Blasmusik, die nach den Unterlagen zwei Jahre später bereits um drei Mann angewachsen war. Das Jahr 1861 gilt deshalb als die Geburtsstunde des Ergenzinger Musikvereins.
Von einer dreizehn Mann starken Kapelle existiert eine Fotografie, die aus dem Jahre 1863 stammen soll. Als der kulturfördernde Pfarrer im Jahre 1864 die Gemeinde verließ, übernahm der damalige Kirchenpfleger Lorenz Weipert die Leitung der Kapelle und übergab den Taktstock nach fast zehn Jahren seinem Sohn August. In den Händen der Musikerfamilie Weipert lag die musikalische Leitung des Vereins dann über acht Jahrzehnte, bis in die Jahre nach dem zweiten Weltkrieg.
Wie es im Verein damals zuging, darüber geben Statuen aus dem Jahr 1888 Auskunft, die noch im Original im Vereinsarchiv vorliegen. Dirigent und Vorsitzender August Weipert achtete genauestens auf die Einhaltung der von den Musikern eigenhändig unterschriebenen Satzungen. Für unentschuldigtes Fehlen bei der Probe wurden zwanzig Pfennig Strafe erhoben. Spenden und diese Strafen waren die einzigen Mittel, mit denen damals der Verein Instrumente und Noten anschaffte.
Die folgenden Jahre geben zwar immer wieder Hinweise auf die Ergenzinger Musikkapelle, es sind jedoch keine besonderen Höhepunkte oder Tiefen zu erkennen. Das 50jährige Jubiläum scheint dann jedoch wieder in besonders festlicher Weise begangen worden zu sein.
Erster und Zweiter Weltkrieg
Im 1. Weltkrieg kam die Vereinsarbeit vollständig zum Erliegen. Zahlreiche Musiker kehrten nicht mehr in die Heimat zurück.
Nach Kriegsende brachten der Vorsitzende Karl Renz und Dirigent August Weipert die Kapelle wieder auf die Beine und erweckten sie zu neuen Taten. Im Jahre 1923 wurde dann das 60jährige Jubiläum gefeiert. Es waren große Tage für Ergenzingen, wie die vorliegenden Zeitungsberichte und das Programm bezeugen. Von nah und fern kamen die Musikerscharen und als unter Stabführung von Dirigent Weipert mehr als zweihundert Musiker einen Massenchor zum Vortrag brachten, soll die Begeisterung keine Grenzen gekannt haben. Der Tod von Dirigent August Weipert im Mai 1925 war für den Verein ein herber Verlust. Nachfolger wurde sein Bruder Johannes, der die Leitung der Kapelle aber bereits im Jahre 1927 an seinen Sohn Lorenz Weipert weitergab. Lorenz Weipert wurde von Zeit zu Zeit von Anton Stopper aus Vaihingen, einem gebürtigen Ergenzinger, tatkräftig unterstützt. In den folgenden Jahren holte sich die Kapelle bei verschiedenen Wertungsspielen etliche Preise und Auszeichnungen. Jedoch war der Erfolg nicht immer wie erwünscht, und vom Misserfolg in Freudenstadt hörte man noch lange Jahre. Am 75jährigen Jubiläum nahmen 25 Kapellen teil. Für die damalige Zeit eine stattliche Zahl.
Der zweite Weltkrieg brachte die Vereinsarbeit wiederum fast vollständig zum Erliegen. Eine kleine Besetzung spielte noch bei besonderen Anlässen. Nach Kriegsende war es an Fronleichnam noch ein kleines Häufchen von sieben Musikern, das zur Prozession spielte.
Die 1950er bis 1960er
Nach und nach wurde die Kapelle von Lorenz Weipert wieder aufgebaut. Vorsitzender Xaver Stopper berief am 1. März 1948 auf Wunsch mehrerer Mitglieder eine Versammlung ein. Anwesend waren 15 Musiker. Ab diesem Zeitpunkt wurden die Proben wieder regelmäßig abgehalten und erstmals im Verein auch Jungmusiker ausgebildet. Durch die unermüdliche Arbeit und Schulung von Lorenz Weipert und Anton Stopper war es möglich, im Jahre darauf ein Konzert zu geben. Nach erfolgreichem Besuch der Musikschule in Inzighofen übernahm nun der seitherige Klarinettist Matthäus Breuling die Leitung der Kapelle.
Ein Höhepunkt in der Vereinsgeschichte war das 90jährige Jubiläum, verbunden mit dem Kreismusikfest im Jahre 1951. Für den verstorbenen Xaver Stopper übernahm Otto Göhring die Vereinsführung. Um die Nachwuchsfrage zu lösen, wurde 1954 eine Jugendkapelle gegründet. Aus dieser Jugendkapelle ging über lange Jahre der Stamm der aktiven Kapelle hervor.
Im Jahre 1958 wurde Karl Fahrbach zum neuen Vorsitzenden des Vereins gewählt. Dass es vor allem im musikalischen Bereich weiter aufwärts ging, zeigte sich bei der Teilnahme an einer ganzen Reihe von Wertungsspielen: 1958 Weitingen, Mittelstufe 1. Rang, 116,5 Punkte, Bundesmusikfest Ravensburg, Mittelstufe 1. Rang, 118,5 Punkte als zweitbeste aller Mittelstufenkapellen. Ein Jahr später trat man dann in der Oberstufe an. In Hirrlingen war auf Anhieb ein 1. Rang mit 112 Punkten der Lohn für die gute Leistung. Beim Kreismusikfest in Vöhringen belegte man ebenfalls 1959 mit 115 Punkten einen ersten Rang. Die stolze Bilanz dieser Jahre war vor allem dem freudigen Einsatz der Musiker, ganz besonders jedoch der tatkräftigen, zielbewussten und unermüdlichen Arbeit des Dirigenten Matthäus Breuling zu verdanken. Er formte die Kapelle zu einer der besten des ganzen Bezirks.
Wertvolle Unterstützung erhielt die Kapelle in jenen Jahren auch vom unvergessenen Bundes- und Bezirksdirigenten Karl Bengel, Rottenburg. Er sorgte in den Proben für den letzten Schliff. Das 100jährige Jubiläum im Juli 1961 brachte wohl den absoluten Höhepunkt in der Vereinsgeschichte und ein bis dahin einmaliges Fest für die Gemeinde. An die 50 Kapellen beteiligten sich an dieser eindrucksvollen Demonstration für die Blasmusik. Dieses Jubiläum war mit einem Wertungsspiel sowie dem Bezirksmusikfest im damaligen Bezirk „Neckar-Alb“ verbunden. Als ausländische Gäste waren die Stadtkapelle Schwanz/Tirol sowie die Musikgesellschaft Engelburg/Schweiz in Ergenzingen. Anlässlich dieses Jubiläums wurde dem Musikverein Ergenzingen die goldene Ehrenmedaille des Deutschen Volksmusikerbundes verliehen. Im Jahre 1961, mitten in den Vorbereitungen zum großen Jubiläumsfest, übernahm Walter Wagner die Leitung des Vereins. Ihm gelang es in Zusammenarbeit mit Dirigent Matthäus Breuling, die Erfolge der Vorjahre fortzusetzen. Einen großen Erfolg konnte die Kapelle 1962 beim Bundesmusikfest in Ludwigsburg verzeichnen. Sie zählte mit 116 Punkten zu den besten in der Oberstufe und belegte einen 1. Rang mit Auszeichnung.
Mit der Ausbildung einer zahlenmäßig recht großen Jugendkapelle, es waren mehr als fünfzig Jungen und Mädchen, begann Edmund Wagner im Jahre 1965. Es war für ihn ein hartes Stück Arbeit. Sein Einsatz hat sich jedoch gelohnt, der Nachwuchs für die aktive Kapelle war damit gesichert. Auch Edmund Wagner gehörte zu jenen Männern, denen der Verein, für ihre aufopferungsvolle Arbeit über Jahrzehnte hinweg, zu tiefstem Dank verpflichtet ist.
Das Jahr 1968 brachte wieder einen Wechsel an der Spitze des Vereins, Karl Ruoff wurde zum Vorsitzenden gewählt. Zusammen mit seinen Mitarbeiter im Vorstand, vor allem dem langjährigen, unermüdlichen Kassier Christian Raible und natürlich dem Motor der Kapelle, Dirigent Matthäus Breuling, konnte er die erfolgreiche Vereinsarbeit fortsetzen. Dann ging jedoch im Herbst 1969 eine Ära zu Ende, die ohne Zweifel die erfolgreichste in der Vereinsgeschichte war und von der Arbeit von Matthäus Breuling geprägt wurde. Er hatte die Kapelle zu hohem Leistungsstand und Ansehen geführt und wird wohl noch lange als Symbol der Volksmusik in Ergenzingen gelten.
Die 1970er bis 1980er
Sein Nachfolger, Musikdirektor Erhard Scholtes, Herrenberg, brachte alles mit, um das Werk fortzusetzen und das musikalische Können der Kapelle noch zu steigern. Ein großes Ereignis war für den Verein auch das 110jährige Jubiläum im Jahre 1971.
Nach vier Jahren musste der Verein wieder auf Dirigentensuche gehen. Dieses mal hatte man eine besonderes glückliche Hand und fand mit Horst Wengel einen vorzüglichen Leiter für die Kapelle. Als Vollblutmusiker und ausgebildeter Dirigent baute er das Können der Kapelle mit Sachverstand und eifriger Arbeit aus. Ihm war es immer wieder ein Anliegen mit der Kapelle durch die Teilnahme an Wertungsspielen den Leistungsstand zu verbessern und zu beweisen: 1974 Bundesmusikfest Ebingen, Mittelstufe 1. Rang mit Auszeichnung, 1975 Gomaringen, Oberstufe 1. Rang mit Auszeichnung, 1979 Göttelfingen Mittelstufe 1. Rang mit Auszeichnung und Seebronn 1. Rang.
Im Jahre 1974 hatte Leonhard Deifel den ersten Vorsitz im Verein übernommen. Er war vor allem darauf bedacht, zusammen mit Horst Wengel, die Nachwuchsarbeit wieder aufzubauen um so die erfolgreiche Weiterarbeit zu gewährleisten. Von 1980 bis 1992 stand dann Alfred Müller als Vorsitzender an der Spitze des Vereins.
Das 120jährige Bestehen war für den Verein 1981 Anlass wieder große Festtage zu begehen, die dem Ereignis würdig waren. Die vorbildlichen Aufzeichnungen des Vereins zeigten für die vergangenen Jahre, dass immer wieder erstaunliche Aktivitäten entwickelt wurden. Im Jahre 1982 war die Kapelle in der SWF-Sendung „Morgenläuten“ zu hören und an der Gestaltung der 1200-Jahr-Feier der Gemeinde wirkte die Kapelle, wie gewohnt, maßgeblich mit. Die Teilnahme am Wertungsspiel im gleichen Jahr in Dobel brachte einen 1. Rang mit Belobigung in der Oberstufe.
Eine weite Reise unternahm die Kapelle 1983 um beim Schützenfest in Wildeshausen als Festkapelle aufzuspielen. Seit 1983 vertritt der Musikverein den Stadtteil von Rottenburg auch alljährlich beim Neckarfest der Kernstadt. Dirigent Horst Wengel führte die Kapelle 1984 zu einem weiteren Erfolg, in Empfingen holte man sich beim Wertungsspiel in der Oberstufe einen 1. Rang mit Auszeichnung. Einem großen Publikum stellte man sich im selben Jahr bei einem Konzert in der Landesgartenschau in Reutlingen. 1985 war die Kapelle bei der Volksmusik-Hitparade des SWF wiederum im Rundfunk zu hören. Bei weiteren Wertungsspielen in Metzingen (1987), Betra (1989) und Ochsenhausen (1993) wurden in der Oberstufe ausgezeichnete Ergebnisse erzielt und das hohe musikalische Niveau der Kapelle bestätigt.
Die 1990er bis 2000er
Das 130jährige Bestehen wurde mit einem Fest wieder gebührend gefeiert.
Drei musikalische Tage standen im Zeichen der Freundschaft mit der Musikgesellschaft Engelburg Außerdem konnte man zehn Jahre Freundschaft mit der Schützengilde Wildeshausen und dem Spielmannszug Wildeshausen feiern.
Nach zwölf Jahren an der Spitze des Vereines stellte sich Alfred Müller im Januar 1992 nicht mehr zur Wiederwahl. Als Nachfolger wurde Günther Wagner gewählt und Werner Raible sein Stellvertreter.
23 Jahre leitete Horst Wengel mit viel Umsicht und Können die Kapelle, bis er 1996 aus gesundheitlichen Gründen und schweren Herzens die Leitung abgeben musste. Beim 135jährigen Jubiläum war deshalb für den Musikverein wieder ein Neubeginn. Zum ersten Mal leitete der neue Dirigent Andreas Beilharz die Musikkapelle.
1998 stellte sich der Musikverein mit Dirigent Andreas Beilharz wieder den Juroren. Beim Wertungsspiel in Weitingen erreichte man in der Mittelstufe die Bestnote sehr gut.Mit verschiedenen Veranstaltungen übers Jahr verteilt feierte der Musikverein 2001 das 140jährige Bestehen. Der musikalische Höhepunkt war dabei das Doppelkonzert zusammen mit der Musikgesellschaft Engelburg (Schweiz).
Höhepunkte des Jahres 2002 waren der Besuch der Schützengilde Wildeshausen, sowie die Teilnahme des Musikvereines beim 175 – jährigen Jubiläum der Musikgesellschaft Engelburg. 2003 wirkte der MVE beim 600 – jährigen Jubiläum der Schützengilde Wildeshausen mit. Bei der mehrtägigen Veranstaltung beteiligte sich der Musikverein Ergenzingen nicht nur beim Umzug, sondern spielte auch noch weitere Frühschoppen und Abendkonzerte.
Für unseren Dirigenten Andreas Beilharz, der aus zeitlichen Gründen die Leitung der Kapelle abgeben wollte, wurde 2004 in Alexandr Kalinin ein würdiger Nachfolger gefunden. Im selben Jahr löste Dieter Richter den langjährigen Vorstand Günther Wagner ab. Dieser hatte den Verein 12 Jahre erfolgreich geleitet. Das Jahreskonzert 2004 war auch die Premiere für unseren neuen Dirigenten Alexandr Kalinin, die er mit Bravour meisterte und durch seinen Hintergrund auch neue Stilrichtungen und musikalische Elemente in das Konzert einfließen ließ. Im September 2007 veranstaltete der Verein zum ersten Mal ein Weinfest auf dem Marktplatz, welches auch Dank der „Randen Musikanten“ ein voller Erfolg war und nun jährlich veranstaltet wird. Die Randen Musikanten spielen dabei immer Samstag abends zur Unterhaltung und sorgen für ein volles Festzelt. Im Juli 2008 stellte sich der MVE zumersten Mal mit Alexandr Kalinin den Wertungsrichtern. Beim Wertungsspiel in Weitingen erreichten wir – dieses Mal wieder in der Oberstufe – die Note sehr gut. Auch unsere Jugendkapelle konnte in der Unterstufe ein sehr gut erspielen.